Ich bin ein Vertreter der 70er Generation, daher habe ich den Wandel der Tonträger erlebt und mitgemacht. Von den Vinyl-Scheiben in meiner Kindheit angefangen, habe ich mich als heranwachsender Teenager mit der „compact cassette“ angefreundet und mit der CD als Musik-Medium lange glücklich gelebt. Und wenn ich kein Album komplett hören wollte, dann kam das Band in der Kassette zum Einsatz. Ja, genau MixTapes also sowas wie eine Playlist, nur mit viel mehr Liebe und Sorgfalt zusammengestellt.
Irgendwann kam die Musik im MP3 Format und plötzlich war es egal, ob das MixTape 90 oder 60 Minuten dauerte oder die verflixte CD 72 Minuten Spielzeit hatte. Heute sind MP3 Dateien DAS Tonträgermedium für den digitalen Alltag, man kann es mitnehmen oder sich auf sein Gerät streamen lassen. Wer seine Musik möglichst nah am Original genießen möchte, wird ein anderes Datenformat bevorzugen, das ohne Verlust beim Komprimieren auskommt (wie z.B. FLAC).
Nun, der Haken an der Sache ist, dass die digitale Dateien-Sammlung schneller wächst als das Vinyl-Archiv oder die Silberling-Sammlung. Dazu noch die verschiedenen Formate der Musik-Dateien und neuerdings die „High Resolution Files“, die alle möglichst sehr gut wiedergegeben werden sollen.
Eine Eierlegende Wollmilchsau muss her, um der digitalen Musik-Flut Herr zu werden. Das dafür notwendige Stück Technik kannst Du fertig kaufen. Doch kann es mit dem USB Stick, der externen Festplatte und dem heimischen Datei-Server oder mit gestreamten Inhalten von Windows Phone, Eifone und Android zurecht kommen? Und auch für weniger als 100 Euro? Der audiophil veranlagte Hörer verlangt dazu noch eine sehr gute Qualität der Wandlung der digitalen Daten in analoge Signale.
Abbildung 1 : Netzwerkplayer (HiFiBerry) im Heimnetzwerk
Natürlich bietet die Industrie eine recht große Anzahl von Geräten an, die sich leider immer wieder als einsame Inseln der proprietären Technik entpuppen, um vom Hersteller nach zwei oder drei Jahren „vergessen“ zu werden. Dann klappt es plötzlich nicht mehr mit der App oder das neue Musikformat wird nicht unterstützt. Denn es gibt keine Software-Updates mehr. Damit ist das gute Stück reif für den Elektroschrott-Container.
Nun warum nicht mal einen audiophilen Musik-Netzwerk-Player selbst frickeln? Die Hardware kostet nicht die Welt und das Projekt bekommst Du in etwa 2 – 3 Stunden fertig. Da ist manchmal das Kleben von Lautsprecherboxen schwieriger (vor allem, wenn man die Löcher selber machen muss).
Also los! Hier die Anleitung für eine HiFi Beere.
Ähm. Stop. Ich schreibe noch ein paar Wort zur Auswahl der Komponenten. Falls es Dich nicht interessiert, dann kannst Du weiter scrollen, bis zur Anleitung. Für die Auswahl der Komponenten für den DIY Network-Player ist es mir wichtig, dass diese zum Mainstream gehören. Exotische Teile haben (vielleicht) etwas, was sie besonders oder irgendwie besser macht. Doch am Ende ist es mit Ihnen wie mit den proprietären Inseln der Industrie. Das Interesse des Entwicklers erlahmt und es wird nicht mehr gepflegt und verschwindet in dem Meer der Vergessenheit.
Eine der einfachsten und weit verbreiteten Plattformen ist der Raspberry Pi. Diesen Einplatinen-Computer gibt es mittlerweile in mehreren erfolgreichen Varianten: A und B, A+ und B+, 2 und die neuste Kreation ist die 3.
Abbildung 2: Raspberry Pi 3, Quelle Wikipedia, Urheber: Jose.gil
Im Prinzip reichen die ersten Versionen A oder B um Musik abzuspielen. Da der Raspberry Pi 3 derzeit am einfachsten zu beschaffen ist, wird er für den Netzwerkplayer verwendet. Natürlich braucht der kleine Computer etwas Strom, nicht viel, mit einem 5 V Steckernetzteil mit einem mikroUSB-Anschluss (wie für viele Smartphones) kann er schon versorgt werden. Ich wähle lieber ein etwas kräftigeres Modell, dass wirklich 2A bis 3A dauerhaft liefern kann, ohne dabei heiß zu werden. Denn die Hersteller der Stecker-Netzteile haben es in der Regel nicht vorgesehen, dass das Ding in 24/ 7 Betrieb läuft. Meistens geben die Hersteller der Steckernetzteile eh nur den kurzfristig verfügbaren Spitzenstrom an. Damit ist kein stabiler Dauerbetrieb möglich. Und saubere Spannung können die besseren Steckernetzteile auch.
Wer seinen DAC zu klanglichen Höchstleistungen verhelfen will, der kauft ein sehr gutes Netzteil, das die Spannung exakt einhält. Ein Beispiel dafür ist das Netzteil der Firma Tomanek. Es wurde im ADW Forum unter dem Namen „Ström“ bekannt. Wer es kaufen möchte, der möge im ADW Forum diesen Beitrag lesen.
Auch wenn der Raspi später nur über WLAN laufen soll, für den ersten Start muss er mit einem LAN Kabel am Netzwerk angeschlossen werden. Da jeder Computer ein Betriebssystem braucht, das auf einem Datenträger gespeichert ist, nimmt der Raspi 3 eine microSD Karte als Festplattenersatz. Das verwendete Betriebssystem beansprucht nicht viel Platz, man kommt bereits mit 4GB bestens zurecht. Da der Raspi 3 einiges an Geschwindigkeit zugelegt hat lohnt sich sogar die Investition in eine schnelle microSD Karte (Class 10). Zum Dank bootet der Raspi 3 schneller. Weil das Ziel ein gut klingender Player ist, wird noch eine Art Soundkarte benötigt. Der Kopfhörer-Ausgang eignet sich allerhöchstens, um System-Sounds in schlechter Qualität auszugeben. Die Soundkarte beim Raspi wird als DAC bezeichnet (Digital Analog Converter). Auch wenn der Raspberry Pi über USB Ports verfügt, ist ein USB DAC nicht geeignet. Die Ursache liegt in der internen Anbindung des USB-Busses. Hier kommt es öfters zu Datenstau und damit zu Aussetzern beim Abspielen.
Bei den verfügbaren DACs für den Raspberry Pi 3 gibt es eine nahezu undurchsichtige Vielfalt, meine Wahl ist auf eine Platine aus der Schweiz gefallen. Die HiFiBerry DAC+ Platine ist einer der bekanntesten DACs und wird von fast jeder Software für den Raspi unterstützt. Die Platine hat Daniel Matuschek entwickelt, der bereits früher mit seiner ausgezeichneten DIY Phono-Vorstufe für Aufsehen sorgte.
Die DAC Platine selbst ist sehr übersichtlich. Dennoch ist es Daniel gelungen, durch intelligente Beschaltung des DAC Bausteins, das Maximum an Klang raus zu holen. Klar gibt es bessere DACs, diese sind jedoch erheblich teurer.
Abbildung 3: HiFiBerry DAC für Raspberry Pi A+, B+, 2 und 3
Die HiFiBerry DAC+ Platine gibt es wahlweise mit CINCH Anschlüssen oder mit 3,5 mm Stereo Buchse zu kaufen. Für mich ist die Cinch Ausführung am praktischsten.
Anleitung beginnt hier
Die benötigte Hardware:
– Raspberry Pi 3
– 5V Netzteil (und ggf. ein Kabel mit microUSB Stecker)
– microSD Karte mit 4GB Kapazität (oder mehr, Hauptsache Class 10)
– USB WLAN Dongle (optional, wenn das eingebaute WLAN nicht ausreichen sollte. Ich nutze im Altbau ein Dongle mit guter Antenne: gibt es z.B. bei Amazon)
– HiFiBerry DAC+
Der Aufbau der Hardware ist simpel: HifiBerry DAC+ Karte draufstecken (die beiliegenden Plastikabstandshalter nicht vergessen), LAN Kabel (und falls vorhanden WLAN Stick) einstecken. Für das Gehäuse reichen ein paar LEGO Bausteine. Das Netzteil wird später angeschlossen.
Abbildung 4: HiFiBerryDAC mit RaspberryPi im bekannten Bauklötzchen-Gehäuse
Wie ein Golem einen Zauberspruch auf magischem Papier in seinem Kopf brauchte, um zu erwachen, so muss auch die Hardware durch Software belebt werden. Nun gab es für die „Aktivierung“ eines Golems eine Menge an Zaubersprüchen, genauso gibt es recht viele Software-Lösungen für Netzwerkplayer. Die mehr oder weniger bekannten Namen der verschiedenen Software-Distributionen sind:
– PiMusicBox
– PiCorePlayer
– Volumio
– Rune Audio
– Max2Play (Kostenpflichtig)
– Moode
Daniel Matuschek, der Entwickler der HiFiBerry Platine, hat die Treiber-Software für Linux gebaut. Diese Treiber haben es in die „Core“-Distribution von Raspberry Pi Linux geschafft. Damit wird die HiFiBerry Platine von fast jeder Software-Distribution „Out-Of-the-Box“ unterstützt.
Ich habe mich für „Moode Audio Player for Raspberry Pi“ von moodeaudio entschieden. Aber wer weiß, da sich alle Software-Distributionen in permanenter Weiterentwicklung befinden, kann es in der Zukunft passieren, dass ich eine andere nehme.
Nun ein wenig Magie, damit der Netzwerkplayer zum Leben erwacht. Bitte nimm jetzt die Tastatur und Computer-Maus, öffne einen Internet Browser und tippe Folgendes in die Adresszeile ein: http://moodeaudio.org/. Dann ein Klick oben auf „Download“. Jetzt musst Du die Zip-Datei in ein Verzeichnis deiner Wahl entpacken.
Als nächstes brauchst Du noch ein Werkzeug um Moode Player auf die microSD Karte zu installieren, denn ein einfaches Kopieren hilft hier nicht. Die entpackte Datei ist ein Foto von den Daten der SD-Karte – nein, natürlich nicht! Es ist eine bitgenaue Abbildung der Daten auf der SD Karte. Damit die einzelnen Bits exakt an der vorgesehen Stelle wieder landen, wird ein Programm benötigt, der die Bits fein säuberlich an die richtigen Stellen kopiert. Das Programm ist „Win32 Disk Imager“. Das Tool kannst Du am besten auf sourceforge.net herunterladen, dort ist immer die neueste Version zu haben. Dieses Programm muss nicht installiert werden, es reicht, es in ein Verzeichnis zu entpacken.
Die nächsten Schritte sind auch von einem Computer-Legastheniker zu bewerkstelligen. Als erstes steckst Du die MicroSD-Karte in einen passenden Slot (ggf. Adapter benutzen) am Computer. Den Dialog von Explorer/ Windows kannst Du schließen. Jetzt startest Du das Programm „Win32DiskImager.exe“ und klickst auf das Blaue-Symbol neben dem leeren Feld (unter „Image File“). Ein Datei-Auswahl-Fenster wird geöffnet und Du wählst die zuvor entpackte Moode-Datei.